Gemälde der Blumenterrasse der Liebermann-Villa mit roten und grünen Farbelementen.
Max Liebermann, Die Blumenterrasse im Wannseegarten nach Norden, 1923, Privatsammlung

Max Liebermann – Die Blumenterrasse

Der Garten der Liebermann-Villa

Unmittelbar nachdem Max Liebermann im Sommer 1909 das Grundstück am Wannsee erworben hatte, begann er mit Planungen zur Ausgestaltung des Gartens. In einem Brief vom 27. Oktober 1909 skizzierte Liebermann einen Grobentwurf seines Gartens, worin er die Anlage einer Terrasse bereits vorsah. Der Brief war an seinen langjährigen Freund Alfred Lichtwark (1852-1914) gerichtet. Es entspann sich eine lebhafte, überwiegend brieflich geführte Diskussion zur Anlage des Gartens zwischen den beiden, an der sich auch Liebermanns Tochter Käthe beteiligte.

Über die Ausstellung

Die Anlage des Gartens fiel in eine Zeit, in der die Gestaltung von Hausgärten sowie die Planung öffentlicher Parks in eine Reformbewegung mündete, welche die erzwungene Natürlichkeit von Landschaftsgärten entschieden ablehnte. Ihre wichtigsten Unterstützer waren, neben Alfred Lichtwark, der Berliner Architekt Hermann Muthesius (1862-1927) sowie der Kunsttheoretiker und Architekt Paul Schultze-Naumburg (1869-1949).

Erste Ansätze der Reformbewegung hatte 1901 eine Ausstellung der Darmstädter Künstlerkolonie „Mathildenhöhe“ gezeigt, deren Gesamtkonzeption von dem Jugendstilarchitekten Joseph Maria Olbricht stammte. Bereits vier Jahre später präsentierte er auf der Allgemeinen Gartenbauausstellung zu Darmstadt seine „Farbengänge“, architektonische Gartenräume in einheitlichen Farbtönen. Ein wichtiges Thema, dieser Gartenschau war die Beziehung von Kunst und Natur und die damit verbundene Frage der Gestaltung der Gartenräume als Erweiterung des Wohnraumes. Architektonische Elemente, wie sie auch den Liebermannschen Garten prägen, werden hier vorgestellt: Hausterrasse, Pavillon, Laubengänge, geschnittene Hecken, Formgehölze und klar strukturierte Wegesysteme. Propagiert wird eine Einheit von Kunst und Natur, die nicht die Natur nachahmt, wie es der Landschaftsgarten tut, sondern ordnend in sie eingreift.

Liebermann greift in der Anlage seiner Blumenterrasse viele Ideen des Reformgartens auf: Die Terrasse als Erweiterung des Wohnraumes, die Abwendung von einer erzwungenen Natürlichkeit des Landschaftsgartens, das erwachte Interesse an klaren geometrischen Formen, geraden Linien, Proportion und Symmetrie. Sie schließt sich im seeseitigen Teil des Wannseegartens unmittelbar an das Haus an und übersetzt ganz im Sinne von Hermann Muthesius das natürliche Gefälle des Geländes in Architektur.

Auf die obere, unbepflanzte Terrasse, die ursprünglich mit Kies belegt war, gelangt man direkt von den Zimmern des Erdgeschosses aus. Sie diente der Familie Liebermann als Aufenthaltsplatz und dem Maler als Freiluftatelier. Die ein Meter tiefer liegende Blumenterrasse mit ihrer Farbenpracht besticht durch ihren formalen, streng symmetrischen Aufbau, der ihre einzelnen Schmuckelemente harmonisch im Gleichgewicht hält.

Sie besteht aus einer von Blumenrabatten gerahmten Rasenfläche, in die drei Schmuckbeete eingebettet sind: Ein zentrales Rondell und zwei flankierende Beete. Die Blumenbeete werden von niedrigen Buchsbaumhecken eingefasst. Ein Kiesweg begrenzt die Rasenfläche von drei Seiten. Vor der unteren Stützmauer befindet sich ein Blumenparterre. Ein weiterer Kiesweg schließt parallel dazu die Terrassenanlage ab und trennt sie von der großen Rasenfläche, die sich zum See hin zieht.

Auf der unteren Stützmauer stehen große Kübel mit Schmucklilien (Agapanthus). Die Wangen der seitlichen Treppen sind mit kleineren Quadratkübeln geschmückt, die mit Sommerblumen besetzt sind. Die Bepflanzung der Beete, im Frühjahr mit blauen und gelben Stiefmütterchen und im Sommer mit roten Geranien, folgt dem Interesse des Malers an starken Farbkontrasten. Die Geranien hatte Liebermann gegen den Willen seiner Familie durchgesetzt.

In der Zusammenarbeit von Max Liebermann und Alfred Lichtwark entstand am Ufer des Wannsees ein Garten, der den Umbruch in der damaligen Gartenkunst anschaulich macht. Nach seiner Rekonstruktion in den Jahren 2004 bis 2006 ist der Liebermann-Garten heute einer der ganz wenigen Gärten in Deutschland, in dessen Gestaltung Grundgedanken der Reformgartenbewegung verwirklicht sind.

Bildnachweis

Max Liebermann, Die Blumenterrasse im Wannseegarten nach Norden, 1923, Privatsammlung