Villa & Garten
Um 1900 machte sich beim Berliner Großbürgertum eine Mode für Landhäuser bemerkbar. Im Juli 1909 gelang es auch dem berühmten Maler Max Liebermann (1847–1935) eines der letzten Wassergrundstücke der Villenkolonie Alsen am Wannsee zu erwerben – zwei Grundstücksparzellen in der Großen Seestraße 24 (heute Colomierstraße 3). Dort schuf er sich mit viel Liebe zum Detail abseits der Großstadt einen Rückzugsort für seine Familie.
Villa
Entstehung
„Gestern habe ich den ganzen Tag gebaut u über den Grundriß sind wir so ziemlich klar (ich bringe die Pläne mit). Nicht so über die Facade, die zu sehr nach einem Bauernhause aussieht: ich möchte ein Landhaus, das sich ein Städter gebaut hat. Wie überall ist das einfachste das schwerste.“ – Brief von Max Liebermann an Alfred Lichtwark, 26.7.1909
Viele erhaltene Briefe von Max Liebermann bezeugen die tiefgreifenden und genauen Überlegungen zur Gestaltung der Villa sowie des umliegenden Gartens. Gedanklich und konzeptionell wurde der Maler von seinem Freund Alfred Lichtwark (1852–1914), dem Gartenreformer und damaligen Direktor der Hamburger Kunsthalle, unterstützt.
Architektur
Die Gestaltung der Villa im Stile des Hamburger Klassizismus übernahm der Architekt Paul Otto Baumgarten, ein Schüler Alfred Messels. Bereits 1906 hatte er die benachbarte Villa Hamspohn entworfen. Zwei kolossale Muschelkalksäulen markieren die Fassade der Villa auf der Straßenseite und ein giebelgekröntes Mittelrisalit die Seeseite. Im Frühjahr 1910 war das Sommerdomizil bezugsfertig und auch die Gestaltung des Gartens weitgehend abgeschlossen. Zwischen 1910 und dem Tod des Malers im Jahr 1935 verbrachten die Liebermanns ihre Sommermonate am Wannsee, in ihrem „Schloss am See“.
Jahre der Fremdnutzung
Bis kurz vor Max Liebermanns Tod 1935 verbrachte die Familie Liebermann ihre Sommermonate am Wannsee. In der Folgezeit unterlag das Haus einer wechselvollen Nutzung: 1940 wurde Martha Liebermann von den Nationalsozialisten gezwungen, das Grundstück an die Deutsche Reichspost zu verkaufen, die in der Villa ein „Schulungslager“ für ihre „weibliche Gefolgschaft“ einrichtete. Nach 1945 wurde Liebermanns Villa mit der benachbarten Villa Hamspohn zur Chirurgischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses Wannsee. 1951 erhielt Liebermanns Tochter Käthe das Haus zurück und schloss mit dem Krankenhaus einen Mietvertrag. Nach ihrem Tod 1952 erbte ihre Tochter Maria, Liebermanns einzige Enkelin, die Villa und verkaufte diese schließlich im Jahr 1958 an das Land Berlin. 1969 zog das Krankenhaus in einen neu errichteten Komplex in Heckeshorn. Nach zwei Jahren Leerstand verpachtete der verwaltende Bezirk Steglitz-Zehlendorf die Villa 1971 an den Deutschen Unterwasser-Club. Dieser richtete dort ein Vereinsheim mit einer Aus- und Fortbildungsstätte für Taucher ein.
Rekonstruktion
Im Jahr 1995 wurde die Max-Liebermann-Gesellschaft Berlin e.V. gegründet mit dem Ziel, ein Liebermann-Museum in der ehemaligen Sommerresidenz des Malers zu etablieren. Jedoch verlängerte der Bezirk im gleichen Jahr den Pachtvertrag mit den Tauchsportlern vorzeitig um weitere zwanzig Jahre. Nach langem Ringen und dem unermüdlichen Einsatz vieler engagierter Bürger*innen beschloss der Berliner Senat 1997 zum 150. Geburtstag Max Liebermanns die museale Nutzung der Villa, allerdings ohne Zusage finanzieller Mittel.
2002 begann die Max-Liebermann-Gesellschaft die Villa zu restaurieren und für die Nutzung als Museum umzubauen. Diese Arbeiten wurden von vielen Privatpersonen und Institutionen gefördert, u.a. den Mitgliedern der Max-Liebermann-Gesellschaft, der Stiftung Deutsche Kassenlotterie, der Hermann Reemtsma Stiftung und der Weberbank Berlin. Seit Ende April 2006 sind Haus und Garten originalgetreu wiederhergestellt und für die Öffentlichkeit als Museum zugänglich. Zwei Jahre später erhielt die Liebermann-Villa den Europa-Nostra-Preis für herausragende Leistungen in der Erhaltung von Kulturerbe in Europa.
Garten
Ein einzigartiger Inspirationsraum
Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs konnte Max Liebermann seine jährlichen Malaufenthalte nach Holland nicht mehr antreten, stattdessen fand er für sein künstlerisches Spätwerk in dem eigenen Garten am Wannsee einen einzigartigen Inspirationsraum. Während der Sommermonate zwischen 1910 und 1934 entstanden über 200 Ölgemälde und zahlreiche Arbeiten auf Papier am Wannsee, die Liebermanns Garten in aller Farbpracht darstellen.
Nutzgarten
Im vorderen Garten zur Straße hin legte Liebermann einen Nutzgarten nach dem Vorbild norddeutscher Bauerngärten an. Der gerade Mittelweg, üppig gesäumt durch Blumenrabatten, gliedert die Blumen- und Gemüsebeete. Diese wohlüberlegte Gestaltung ermöglicht auch heute noch eine direkte Blickachse durch das Haus auf den Wannsee.
Seeseitiger Garten
Das abfallende Gelände des seeseitigen Gartens wurde terrassiert und bietet einen freien Blick auf den Wannsee. Eine ausladende Terrasse, die heute vom Café Max genutzt wird, erweiterte den Wohnraum der Familie. Daran angrenzend findet sich auch heute wieder eine prachtvolle Blumenterrasse. Zwischen Blumenterrasse und See erstreckt sich eine große Wiese, mit geraden Wegen links und rechts. Das vorhandene Birkenwäldchen auf der Südseite der Wiese blieb auf Wunsch Liebermanns erhalten. Ein weiteres Highlight sind die drei akribisch zurechtgeschnittenen Heckengärten – damals ein wichtiges Instrument der Gartenreformer. Ihre Idee war es, mit den Hecken zusätzliche architektonische Räume unter freiem Himmel zu schaffen: ein Lindenkarree, einen ovalen Garten und einen Rosengarten.
Rekonstruktion
Durch den Zwangsverkauf an die Deutsche Reichspost im Juni 1940 wurde Liebermanns Garten fast völlig zerstört und mit der benachbarten Villa Hamspohn zusammengelegt. Trotz aller Veränderung war 2002 zu Beginn der Wiederherstellungsmaßnahmen durch die Max-Liebermann-Gesellschaft originale Substanz erhalten, wie Stützmauern und Treppen, die Lindenhecke im Vorgarten und Reste der Hainbuchenhecke. Aufgrund dieser Funde sowie mit Hilfe historischer Fotografien, Briefe, Plänen und der Gemälde Max Liebermanns konnte die ursprüngliche Gartenanlage in vier Bauabschnitten ab 2004 bis 2014 originalgetreu wiederhergestellt werden.
Vermittlung & Engagement
Öffentliche und buchbare Führungen
Tauchen Sie ein in die wechselhafte Geschichte der Liebermann-Villa. Unsere ehrenamtlichen Gästeführer*innen zeigen Ihnen das Anwesen und machen auf so manches Detail aufmerksam.
Ehrenamt
Die Rettung, Wiederherstellung und der Erhalt der Liebermann-Villa am Wannsee sind dem Einsatz unserer Ehrenamtlichen zu verdanken. Auch heute ist das Ehrenamt die tragende Säule der Liebermann-Villa. Über 120 ehrenamtliche Mitarbeiter*innen unterstützen das Haus durch ihre regelmäßigen Dienste im Museumsshop, im Garten oder als Gästeführer*innen. Möchten auch Sie uns unterstützen?
Digitale Angebote
Online-Ausstellung
Begleitend zum Besuch vor Ort finden Sie hier unser neues Online-Format zur Entstehungsgeschichte der Villa.
Webcam
Werfen Sie einen Blick in unseren Nutzgarten und sehen Sie, was dort wächst und grünt. Die Liebermann-Villa-Webcam überträgt täglich außer dienstags von 11 bis 17.30 Uhr im Abstand von einigen Minuten Standbilder aus dem Blumen- und Staudengarten der Liebermann-Villa.
Digitale Gartenführungen
In unseren Gartenvideos nimmt Sie unser Gärtner Sven Lieberenz mit in den historischen Garten Max Liebermanns und gibt Einblicke in seine Arbeit.
Blog der Liebermann-Villa
Auf dem Blog der Liebermann-Villa finden Sie zahlreiche Hintergrundinformationen zum Garten Max Liebermanns. Unter anderem zur aktuellen Spendenaktion „Garten. Spende. Zukunft“.
Blog-Highlights
Wie geht’s weiter mit der Spendenaktion?
Neues Video zum aktuellen Spendenaufruf der Liebermann-Villa
Neuer Kurzfilm über die Liebermann-Villa