Ein Mann und eine Frau im Profil und Dreiviertel-Profil dargestellt. Der Mann trägt einen Anzug in einem Grünton, darunter ein helles Hemd. Seine Haare sind dunkel und zurückgekemmt. Er wendet sich der Frau zu seiner Linken zu, sein Gesicht ist dunkel schattiert. Das Gesicht der Frau ist nur leicht schattiert und wirkt viel heller. Sie hat rote Haare, die sie in einer Hochsteckfrisur trägt. Ihr Blick geht ins Off des Bildes. Sie trägt eine dunkelblaue Oberbekleidung. Das Bild ist in einem expressionistischen Stil mit breiten Pinselstrichen und hohen Kontrasten gemalt. Der Hintergrund ist schlicht und heller mit violetten, gelben und grünen Elementen.
Edvard Munch, Käte und Hugo Perls, 1913, Öl auf Leinwand, Munch Museet, Oslo

Käte Perls

08.1.2024 von Laureline van den Heuvel

Galeristin und Wegbereiterin der Europäischen Moderne in den USA

Kürzlich erschien in der Edition Memoria, herausgegeben vom Verleger Thomas B. Schumann, der Band „Warum ist Kamilla schön?“. Der Verlag, der ausschließlich Bücher von im Nationalsozialismus verfolgten und exilierten Autor*innen und  Künstler*innen veröffentlicht, widmet sich mit diesem Buch den Erinnerungen des Kunsthändlers Hugo Perls (1886-1977). Er betrieb gemeinsam mit seiner Frau Käte Perls (1889-1945) von 1923-1931 eine Galerie in Berlin.

Käte und Hugo Perls, Kolleg*innen der Kunsthändlerin Grete Ring, bauten ein imposantes Netzwerk auf, erst zusammen und nach ihrer Trennung im Jahr 1931 vor allem Käte. Sie trug wesentlich zur Verbreitung von moderner Kunst in den USA bei. Viele der Werke, die durch ihre Hände gingen, befinden sich heute in bedeutenden Sammlungen und Museen, wie The Metropolitan Museum of Art in New York.  
 
Auch im Katalog zur Ausstellung „Grete Ring. Kunsthändlerin der Moderne“, tauchte im Kapitel „Frauen im Kunstmarkt der Weimarer Republik“, geschrieben von Prof. Dr. Nadine Oberste-Hetbleck, der Name Käte Perls auf. Sie notiert, dass es hier Forschungslücken gibt: „Wünschenswert wäre das Aufarbeiten möglicher Netzwerke der Akteurinnen untereinander, denn Ring […] und Perls handelten mit etablierteren Werten des Impressionismus.“ Unsere Mitarbeiterin für Vermittlung, Laureline van den Heuvel hat sich auf die Suche begeben: Wer war diese Frau, die 1932 unter ihrem eigenen Namen eine Galerie in Paris eröffnete? 

Haus Perls

Käte Perls (geb. Kolker) kam aus einer kunstsinnigen Familie. Ihr Onkel, Hugo Kolker, war ein bekannter Kunstsammler. 1910 heiratete sie den Juristen Hugo Perls.

Kunst spielte von Anfang an eine wichtige Rolle in ihrer Beziehung. Im Jahr 1911 gaben sie dem jungen Architekten Ludwig Mies van der Rohe einen seiner ersten Bauaufträge – eine Villa in Berlin-Zehlendorf, finanziert von dem Vermögen der Familie Kätes. Das Esszimmer wurde mit Wandmalereien von Max Pechstein ausgestattet.

Ein gutbürgerliches Haus, an dem Efeu emporragt. Im Obergeschoss gibt es Fenster mit weißen Fensterläden.

Haus Perls (Galerie Fuchs), Architekt: Ludwig Mies van der Rohe, erbaut 1911, Foto: Internationale Architekturdatenbank archINFORM

Das Haus, noch immer unter den Namen Haus Perls bekannt, wurde 1918 angeblich gegen 5 Liebermann-Gemälde von dem Kunstsammler Eduard Fuchs eingetauscht und 1926 um einen Anbau für seine  Kunstsammlung erweitert. Das Haus Perls steht noch immer und wird von der Parzival-Schule genutzt. Eine Gedenktafel erinnert an die Auftraggeber*innen, in dem begleitenden Text auf der Website wird jedoch nur Hugo erwähnt.

Galerie Hugo Perls: Künstler und Netzwerk

Der gemeinsame Kunstbetrieb fing mit dem Aufbau einer Kunstsammlung an. Bevor der Kunsthandel existierte, reisten die beiden schon seit 1910 regelmäßig nach Paris, um Arbeiten von Künstlern wie u.a. Paul Gauguin, Édouard Manet und Paul Cézanne zu kaufen. In Paris entdeckte das Paar den Künstler Pablo Picasso und kaufte schon 1912 ein erstes Bild an. Später boten sie in der Galerie Hugo Perls diese Bilder auch zum Verkauf an. Picassos “La Coiffure“ von 1906 aus dem Besitz Perls befindet sich heute im The Metropolitan Museum of Art in New York.

Edvard Munch, Käte Perls. 1913 Öl auf Leinwand, Kunstmuseum Basel, Inv. 1444, Foto: gemeinfrei

1913 reisten sie zweimal nach Norwegen zu Edvard Munch. Der Besuch war beidseitig fruchtbar, denn Munch porträtierte Käte Perls dreimal und malte auch zwei Doppelporträts. Eines dieser Porträts befindet sich in den Kunstsammlungen Chemnitz und ziert den Buchumschlag der Memoiren von Hugo.

Von Berlin nach Paris

Das Doppelporträt zeigt das Ehepaar nebeneinander, sie interagieren nicht miteinander. Ein Vorbote? Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten löst das Ehepaar 1933 gezwungenermaßen die Galerie auf und trennte sich. Sie verlassen beide das immer feindlicher werdende Deutschland für Paris.

Obwohl Hugo nach ihrer Trennung nur noch privat mit Kunst handelte, führte Käte in Paris das Geschäft unter ihrem eigenen Namen bis 1940 erfolgreich weiter. Dort vertrat sie Künstler*innen wie Raoul Dufy, Maurice de Vlaminck, Chaim Soutaine und Marie Laurencin. Auch traf sie sich in Paris regelmäßig weiterhin mit Picasso und organisierte Ausstellungen mit dessen Arbeiten.

Perls Galleries New York

Paul Cézanne, Haus mit rissigen Wänden, 1892-94, Öl auf Leinwand, The Met Museum, New York City

Ihre beiden Söhne, Frank und Klaus, unterstützten sie bei der Arbeit in der Galerie Käte Perls. Als die wirtschaftliche Lage auch in Paris schwieriger wurde, eröffnete sie 1935 unter dem Namen „Perls Galleries“ einen zweiten Standort in New York. Ausstellungen wanderten zwischen den beiden Städten und spielten eine wichtige Rolle in der weiteren Verbreiterung europäischer moderner Künstler*innen in Amerika. Frank eröffnete 1939 eine dritte Dependance in Hollywood, was zum weiteren Erfolg der Galerien beitrug.

Die Rolle, die Käte Perls und ihre Galerie in Amerika spielte, beleuchtete Dr. Christel Hollevoet-Force, assoziierte Forschungskuratorin für Moderne und zeitgenössische Kunst im MET, 2018 im Rahmen der Provenienzforschung für das „The Modern Art Index Project“.

Ihr Weg ins Exil

Kunst spielte ebenso eine wichtige Rolle in ihrer Fluchtgeschichte. Käte Perls wurde 1940 verhaftet und verbrachte einige Zeit in verschiedenen Lagern, während ihre Söhne versuchten, ihre Emigration zu organisieren. Der Verkauf eines Picassos ermöglichte Käte die Ausreise und so floh sie schließlich über Havanna 1943 nach New York. Ihr gesamter Pariser Besitz wurde konfisziert. Kurz erlebte sie noch das Ende des Kriegs, bevor sie in August 1945 an einer Krebserkrankung starb.

Dieser kurze Blick auf Käte Perls zeigt- wie bei der Auseinandersetzung mit der Biografie von Grete Ring- welch starke Netzwerke die beiden pflegten, welche Rollen sie einnahmen und wie viel es noch diesbezüglich zu erforschen gilt.