KÄTHE LIEBERMANN IM FRÜHWERK DER GUSTAVA ISELIN-HAEGER (1878-1962)
21.5.2024 von Hans-Ulrich Iselin
Im Rahmen unserer vergangenen Ausstellung „Im Fokus. Martha, Käthe und Maria. Die Frauen der Familie Liebermann“ erreichte uns eine Nachricht aus der Schweiz von Herrn Hans-Ulrich Iselin, er betreut den Nachlass der Künstlerin Gustava Iselin-Haeger. Sie war wohl, wie es aus dem bewahrten Material hervorgeht, bekannt mit Max Liebermanns Tochter, Käthe Liebermann. Herr Iselin verfasste für uns folgenden Text zur Veröffentlichung begleitend zu unserer laufenden Ausstellung zu den Damen der Familie Liebermann. Der nachfolgende Beitrag bietet uns bislang unbekannte Bildnisse der Künstlertochter und gibt uns weitere Einblicke in ihr Leben als junge Frau in Berlin um die Jahrhundertwende.
Die Künstlerin Gustava Haeger
Bei Gustava Haeger, der 1878 geborenen Tochter des Berliner Baumeisters Julius Wilhelm Haeger (1834 – 1901) zeigt sich schon früh eine Begeisterung für das Zeichnen. Ihr Vater Julius Wilhelm Haeger unterstützte als Leiter des Technischen Büros den Bau des Berliner Reichstagsgebäudes. Der Vater erkannte die Begabung seiner Tochter und vermittelte den Kontakt zu Prof. Max Liebermann, der sie zur Teilnahme an den Ausstellungen der Secession ermuntert haben soll.
Dass sie ihn zeitlebens als ihren Lehrmeister verehrte, geht aus erhaltenen Briefen hervor. Sie lebte, seit 1907, nach der Heirat mit dem Schweizer Chirurgen Hans Iselin in Basel.
Die junge Frau begnügte sich nicht mit Zeichnen, sondern reiste 1898 nach Rothenburg ob der Tauber, um dort die ein Jahr zuvor gegründeten Malschule vonElise Mahler zu besuchen. 1899 zog sie nach München, um sich bei Christian Landenberger in Malerei weiterzubilden. ‘’Wat wollen Se in dem Biernest?’’ soll sie Max Liebermann gefragt und hinzugefügt haben: ‘’Grüssen Sie Leibl von mir!’’. Leibl wird sie aber nur einmal kurz treffen, wie sie in ihren bislang unveröffentlichten Erinnerungen festhielt. Die Münchner Periode ist für sie beglückend und stimulierend. Typisch für diese Schaffenszeit ist eine kleine Ölskizze, ein Zeugnis der Begeisterung jener Generation für Pleinair-Malerei, die Künstlerinnen malend in der Natur.
Nach dem frühen Tod des Vaters kehrte Gustava 1901 nach Berlin zurück, und gesellte sich zu den insgesamt 108 Frauen, die in den Ausstellungen der Secession über die Jahre präsent waren und von denen nur wenige, wie die unvergleichliche Käthe Kollwitz oder Charlotte Berend-Corinth nicht in Vergessenheit geraten sind. In Berlin nahm sie beim noch als skandalös empfundenen Aktzeichnen bei Arthur Lewin-Funcke teil, und erhielt 1905 den Preis für die beste Arbeit zugesprochen. Paul Cassirer soll ihr Gelegenheit gegeben haben, in seinem Kunstsalon in aller Ruhe die eingelieferten Werke französischer Impressionisten, aber auch jene Werke von Edvard Munch und Vincent van Gogh zu studieren. Sich selbst hatte sie als Spätimpressionistin bezeichnet und blieb dabei, nachdem Liebermann ihr in einem Brief erklärt hatte, sie habe ’’zum Glück die Torheiten der Expressionisten nicht mitgemacht.’’
Zwischen 1901 und 1906 war sie Mieterin eine Ateliers im Siegmundshof, unweit des Bahnhofs Tiergarten. Dort gab sie ihrerseits Privatunterricht über die Zeit hinweg insgesamt 14 Schülerinnen, darunter der Tochter von Wilhelm Bode (siehe die handschriftliche Notiz auf der untenstehenden Postkarte des ersten modernen Künstleratelierhauses).
Auf der hinteren Umschlagseite der vierseitigen Postkarte schreibt G.I.H.
Auf der Rückseite der Bildpostkarten beschreibt Haeger ihre damalige Ateliersituation:
„Berlin – Sigmundshof am Bahnhof Tiergarten.
Hier hatte ich mein Atelier
zuerst im obersten Stock mit Oberlicht,
dann wurde es mir zu teuer und
ich nahm ein kleineres an der Seite
und es ging auch mit 14 Schülerinnen,
fast alle waren sie 7 Jahre jünger als
ich und nicht dick – am meisten Platz
nahm Mariechen Bode[1] ein, sie war sehr
gross und auch sehr breit.“
Käthe Liebermann und Gustava Haeger
Aus der untenstehenden Radierung aus dem Jahr 1903 geht hervor, dass auch Käthe Liebermann zu diesen 14 Schülerinnen Gustavas gehört haben muss.
Das Blatt stellt zwei Damen an Staffeleien dar, diejenige im Zentrum ist Hans Ulrich Iselin zufolge Käthe Liebermann.
Bildnachweis:
Sämtliche hier wiedergegebene Werke stammen aus dem Nachlass der Gustava Iselin-Haeger. Dieser ist Dank des persönlichen Engagements der Tochter der Künstlerin, der Malerin und Grafikerin Faustina Iselin (1915–2010) erhalten geblieben.
Nachlassverwalter: Hans-Ulrich Iselin.
Foto Copyright Hans-Ulrich Iselin.
[1] Mariechen Bode (Tochter Wilhelm Bodes)