Heribert von Reiche
04.12.2024 von Viktoria Krieger
Ein Nachruf
Geboren am 14. Februar 1957
Gestorben am 18. September 2024
Wir trauern um Heribert von Reiche.
Zusammen mit seiner Ehefrau Dagmar Wohlgemuth-von Reiche war er seit der Gründung der Max-Liebermann-Gesellschaft Berlin e.V. ein wichtiger Teil unseres Hauses. Sein ganzes Leben blieb er als Pächter des Café Max eng mit der Liebermann-Villa verbunden. Es fanden viele personelle Wechsel im Haus statt, doch Heribert von Reiche und Dagmar Wohlgemuth-von Reiche blieben.
Engagement für die Liebermann-Villa
Seit der Gründung haben sich Heribert und Dagmar mit großem Engagement für unser Museum eingesetzt. Zu Beginn soll Heribert sogar die schweren Spanplatten getragen und jeden Abend aufs Neue die Fenster mit Vorhängeschlössern verriegelt haben. Als „alter Wannseer“, wie er sich selbst beschrieb, identifizierte sich Heribert stark mit dem Ort. Er war unermüdlich und zuverlässig, beeindruckte als Gastgeber bei den Sommerabenden und nahm die Rolle des Hausherrn ein. Von Beginn an setzte er sich in einer Vielzahl an Funktionen für die Liebermann-Villa am Wannsee ein. Mit seinem Café Max, zunächst ein improvisiertes Projekt, verzauberte er unsere Gäste mit all seinen Kuchen- und Kaffeekreationen. Dazu der einzigartige Blick auf den Wannsee: besser konnte es nicht sein. Das mit unglaublichem bürgerschaftlichen Engagement neu geschaffene junge Museum blickte in eine vielversprechende Zukunft.
Wir erinnern uns mit tiefer Dankbarkeit an Heribert von Reiche und seine überaus großen Verdienste für unsere Gesellschaft und unser Museum. Sein großer Einsatz für unser Museum ist uns die größte Inspiration! Dafür werden wir ihm immer dankbar sein.
Unsere Erinnerungen
Viktoria Krieger, Ausstellungs- und Sammlungsleitung, seit September 2020 am Haus, begab sich auf die Spuren von Heribert von Reiche und sammelte Erinnerungen an ihn, die von seinem unentwegten Engagement erzählen.
Denken wir an Heribert von Reiche, dann kommen uns sein munteres Gemüt und seine Fröhlichkeit in den Sinn. Er kannte die Villa und das Gelände wie kaum ein anderer, schließlich war er schon von Kind an mit dem Ort vertraut, wie er mit Begeisterung in seinen zahllosen Führungen berichtete. Als ich unseren Gärtner Sven Lieberenz nach Erinnerungen an Heribert fragte, erzählte er mir, dass Heribert seine Führungen unten am Steg immer mit einem Zitat von Martha Liebermann beendete. Als man sie fragte: „Wie ist es mit Max Liebermann verheiratet zu sein?“ Antwortete sie stets: „Es war eine Ehre, aber kein Vergnügen.“
Nach seinem Unfall endete sein umfassendes Engagement für unser Haus ganz plötzlich, er fehlte von einem Tag auf den anderen. Wir erinnern uns mit tiefer Dankbarkeit an Heribert und sein überaus großes Engagement.
Christine Woltering, engagierte Gästeführerin schildert ihre Erinnerung an Heribert, wie folgt:
„Bei Spaziergängen entlang des malerischen Uferwegs von Heckeshorn, am alten Hof vorbei bis hin zur Pfaueninselfähre begegnete mir ab und zu Heribert auf seinem Rad fahrend in entgegengesetzter Richtung. „Ich kann besser Rad fahren als laufen!“ rief er mir einmal zu, als wir aneinander vorbei passierten.
Kürzlich selbst mit dem Fahrrad auf bekannter Hauptstraße (B1) Richtung Regionalbahnhof Wannsee unterwegs, wartete ich an einer roten Ampel auf dem Radweg auf grün. Eine betagte Dame als Fußgängerin unterwegs kam auf mich zu und rief mir freundlich zu: „Wie schön, dass auch Radfahrer bei rot halten“. Da musste ich sofort wieder an Heribert unseren liebenswerten und immer kooperativen Kollegen denken. Er verlor sein Leben, weil ein Geschwindigkeitsrausch den Verursacher des tragischen Unfalls blind gemacht hatte für regelndes Ampellicht.“
Dorith Mühl, langjährige Gästeführerin und Shop-Ehrenamtliche, wie Heribert auch Wannseerin, erinnert sich:
„‚Willkommen im Sommerhaus von Martha und Max Liebermann.‘ So begrüßte Heribert von Reiche die Gäste bei seinen Führungen. Es war das Jahr 2014. Ich begleitete als neue Gästeführerin den erfahrenen Kollegen – und ich war beeindruckt. Er erzählte anschaulich und einfühlsam vom sommerlichen Leben der Liebermanns, in dem Martha als gleichberechtigte Partnerin ihres Mannes vorkam. Diese Sichtweise habe ich übernommen und so wurde Heriberts Begrüßung auch meine. Wann immer ich ihn in der Villa traf, war er sehr beschäftigt. Hatte ich jedoch ein Anliegen, gab er ausführlich Auskunft. Als ein Kind Wannsees und Mann der 1. Stunde bei der Entwicklung des Museums war sein Wissens- und Erfahrungsschatz unerschöpflich und er ließ mich gerne daran teilhaben. Dazu gehörte auch der Hinweis auf ein Foto, das im Erdgeschoss hängt.
Es zeigt eine Frau in Schwesterntracht, die in der Villa arbeitete, als sie als Krankenhaus genutzt wurde –Heriberts Mutter. Daran ging er mit keiner Gruppe achtlos vorbei. Ich habe viel gelernt über „seinen“ Wannsee und „seine“ Liebermann-Villa.
Es war ein wunderbarer Sommerabend, 19.00 Uhr. Eine sehr große Gesellschaft war zu einem Fest angekündigt. Heribert sorgte für das Catering, für das Wohlergehen der Gäste und selbstverständlich hatte er auch an uns Gästeführer gedacht. Er teilte die vielen Menschen auf kreative Weise in kleine Gruppen ein. Jeder wurde durch ein Bild Liebermanns uns zugelost. Mein Motiv war die kleine Eva aus Holland, mein Lieblingsbild. Was für ein schöner Zufall! Bei sommerlichen Mitgliederabenden organisierte er ein leckeres Essensangebot, sorgte auch hier für den entspannt guten Ablauf des Abends und ließ es sich nicht nehmen, selbst eine Führung für die Gäste zu übernehmen. Was empfand so mancher Teilnehmender als besonders eindrucksvoll? Die Geschichte über die Mutter Heriberts!
Ich mochte Heribert sehr gerne und behalte ihn als einen besonderen Menschen in Erinnerung.“
Hilde Rupeks-Wolter, seit vielen Jahren engagierte Gästeführerin, erinnerte sich an eine besondere Veranstaltung des Afternoon Tea:
„Meine eindrücklichste und persönlichste Erinnerung an Heribert liegt schon ein paar Jahre zurück: In der Villa wurde als neues Format eine Führung mit anschließendem Afternoon Tea ins Programm aufgenommen. Nach meiner Führung kam ich mit den Teilnehmenden ins Café und fand eine Tafel für 12 Personen vor: liebevoll eingedeckt mit weißer Tischdecke und Blumensträußchen. Bis alle Gäste saßen, kamen Heribert und ich ins Gespräch. Ich erzählte von London und meiner Begeisterung für die Teezeremonie und Heribert gab sogar sein Rezept für Scones, ein beliebtes Teegebäck, preis. Nach seiner kleinen Einführung zur Tradition des Afternoon Tea servierte er jedem Besucher ein Kännchen Tee, köstliche Scones mit Himbeer-/Orangenmarmelade und Clotted Cream. Wir waren alle begeistert, als er uns – mit einem Augenzwinkern – auch noch einen „Nachschlag“ brachte.
Ich hatte das Glück, drei Mal zu führen und mich anschließend mit Scones verführen zu lassen. Diese Erinnerung bleibt mir im Herzen.“
Barbara Stursberg, organisiert seit Langem die Führungen bei uns, schrieb folgende Zeilen der Erinnerung:
„Alle, die Heribert von Reiche kannten, wissen, wie unermüdlich er sich für die Villa einsetzte, er gehörte fest zum Kreis der Gästeführer – wie oft übernahm er Führungen! Das war besonders hilfreich, wenn einmal eine Führung überraschend besetzt werden musste. Man konnte sich auf Heribert absolut verlassen, er würde die Führung machen, das war ohne Umstände klar für ihn. Er war mit Begeisterung vor allem bei Schülergruppen im Einsatz, er hat den Kinderkulturmonat bei uns etabliert und zum festen Bestandteil des Oktobers gemacht.
Voller Ideen war er bei den Gästeführertreffen, und jeder wird sich an die weiße Porzellanschüssel erinnern, die er voller Gummibärchen auf den Tisch stellte. Heribert hatte ein unbedingtes Verständnis für seine Mitmenschen, er hatte Augenmaß bei der Beurteilung, dazu ein geduldiges Eingehen auf alle, aber auch alle Fragen – und was wir vor allem vermissen, das ist sein Humor, seine Fähigkeit, auch unangenehme Stürme großzügig lächelnd zu kommentieren. Wir vermissen ihn.“
Ich persönlich habe Heribert von Reiche in guter Erinnerung, er war immer beschäftigt. Gerade als ich als Volontärin in der Liebermann-Villa im Herbst 2020 begann, lernte ich ihn kennen. Alles war neu und aufregend, daran erinnere ich mich gerne. Ich denke bei Heribert an den Schellack, der die hölzernen Heizungsverkleidungen im Speisezimmer im Erdgeschoss der Villa schützen sollte. Da dieser höchst empfindlich war, wurde jedes neue Teammitglied mit einem Schmunzeln, aber mit Nachdruck, darauf hingewiesen, wie empfindlich der Schellack sei, dass man sich hüten solle Gläser darauf abzustellen. Das Haus lag ihm am Herzen und er wird immer ein Teil der Liebermann-Villa sein, danke für das unentwegte Engagement!