Historische Postkarte, La Galerie des Machines, Weltausstellung Paris 1889
Historische Postkarte, La Galerie des Machines, Weltausstellung Paris 1889, Wikimedia Commons

Liebermann und die „junge Kunst“ – #2

05.6.2023 von Viktoria Krieger & Liora Furema

Hintergründe zur kommenden Ausstellung „Die Zukunft für sich“ mit Studierenden der UdK

Auf unserem Blog begleiten wir den kuratorischen Entstehungsprozess unserer kommenden Ausstellung „Die Zukunft für sich. Studierende der UdK in der Liebermann-Villa“ und geben Ihnen Antworten auf die Fragen: Wieso zeigt die Liebermann-Villa diesen Sommer zeitgenössische Kunst? Welche Netzwerke haben Liebermann selbst zu seinem künstlerischen Erfolg verholfen? Hat sich Max Liebermann (1847–1935) für „junge Kunst“ interessiert? In vier Beiträgen spannen wir den Bogen von Max Liebermanns Anfängen bis heute, liefern Ihnen Hintergründe zu Liebermanns künstlerischem Austausch und den heute an der UdK studierenden Künstler*innen der Fakultät Bildende Kunst.

Im zweiten Beitrag arbeiten Viktoria Krieger, wissenschaftliche Mitarbeiterin, und Liora Furema, Praktikantin, heraus, wie wichtig Liebermann der Austausch mit seinen Künstlerkolleginnen und -kollegen war.

Historische Postkarte, La Galerie des Machines, Weltausstellung Paris 1889

Historische Postkarte, La Galerie des Machines, Weltausstellung Paris 1889, Wikimedia Commons

Künstlerischer Rat und Austausch

1889 setzte sich Max Liebermann zusammen mit Karl Köpping und Gotthardt Kuehl dafür ein, dass auch deutsche Kunstschaffende auf der Weltausstellung in Paris vertreten sein konnten (Abb. 1). Zwei Jahre später schrieb er dem Kunstsammler Albert Kollmann freudig:

„[…] Das ist symptomatisch von Bedeutung: die Bekehrung der alten Piloty-Asphalt-Sauce zur lichten Malerei. Sie schreiben mir, daß die Jungen für mich sind. Auch zu mir kommen oft ganz junge Leute, die zu mir in die Lehre wollen. Ob ich sie gleich principiell nicht annehme, freut es mich doch, zu sehn, daß die Jugend für das, was ich in der Malerei erstrebte, Partei nimmt. Die Jugend ist die Zukunft u so hoffe ich, daß die uns gehört. Vielleicht beurtheile ich’s zu optimistisch u Sie würden mir einen sehr großen Dienst erweisen, wenn Sie mir aufrichtig mittheilen wollten, wie man unter den Collegen denkt“.

Schwarzweiß Selbstporträt eines Mannes mit Brille und Schnurrbart

Jan Veth, Selbstporträt, 1874 – 1925, Rijksmuseum, Public Domain

Austausch mit Jan Veth

1891 diskutierte der Berliner Maler mit dem holländischen Kollegen Jan Veth über Werke, die in kommenden Ausstellungen gezeigt werden könnten und tauschte sich später mit ihm intensiv über druckgrafische Techniken aus. Er lobte auch Veths Talent bei anderen. Er schrieb 1891 Folgendes:

„so glaub’ ich, […] daß ein junger holländischer Maler – übrigens einer der hervorragendsten unter den jüngern – Jan Veth mich Ende vorigen Jahres […] gezeichnet hat u zwar besonders gut in der Auffassung“.

Ein geschlossenes Buch. Es handelt sich um die Erinnerungen von Erich Hancke vom Maler Max Liebermann aus dem Jahr 1923

Eine veröffentlichte Schrift von Erich Hancke Max Liebermann. Sein Leben und seine Werke, die 1923 in Berlin bei Bruno Cassirer erschien, Max-Liebermann-Gesellschaft, Foto: Oliver Ziebe, Berlin

Erich Hancke und Max Liebermann

Im Sommer 1893 besuchte der Maler und spätere Biograf Erich Hancke Max Liebermann in seinem damaligen Atelier in der Kaiserin-Augusta-Straße. Liebermanns Atelier befand sich in einem Gartenhaus im ersten Stock. Hancke hielt seine damaligen Beobachtungen in seinen später publizierten Erinnerungen fest (Abb. 3). Erich Hancke beschrieb seinen ersten Besuch wie er „in das Allerheiligste, das Atelier, eintritt“, wie folgt:

„Nach wiederholtem Klopfen hörte ich schnelle Schritte sich nähern, die Tür öffnete sich ein wenig, und ein mephistophelisches, gelbes Gesicht mit dunklen, funkelnden Augen unter einer blanken, kahlen Stirn zeigte sich. Ein Besuch eines fremden jungen Malers war Liebermann damals etwas so Neues, daß es langen Parlamentierens bedurfte, ehe er mir den Eintritt gestattete“.

Ein aufgeschlagenes Buch. Es handelt sich um die Erinnerungen von Erich Hancke vom Maler Max Liebermann aus dem Jahr 1923

Die aufgeschlagenen Erinnerungen von Erich Hancke zu Max Liebermann, Max-Liebermann-Gesellschaft, Foto: Oliver Ziebe, Berlin

Nach diesem ersten Besuch fand Liebermann wohl Gefallen an dem Austausch mit dem jüngeren Kollegen. In Hanckes Erinnerungen heißt es weiter (Abb. 4): „Von diesem Tage an besuchte ich [Liebermann] nun öfter im Atelier, und es gab Zeiten, wo ich jeden Tag dort war und ihm bei der Arbeit zusah. Zuweilen kam er auch zu mir, um meine Studien zu korrigieren, und indem ich ihn so mehr und mehr kennen lernte, löste sich auf, was mir erst so rätselhaft geschienen, und ich begann ihn zu verstehen“.

Europäische Kontakte

Im Sommer 1896 besuchte Liebermann zusammen mit dem damaligen Direktor der Nationalgalerie Hugo von Tschudi den französischen Bildhauer Auguste Rodin. Im August desselben Jahres verweilte er beim Maler Giovanni Segantini in Majola in der Schweiz. Liebermann erweiterte stetig sein Netzwerk und pflegte Kontakte über die Landesgrenzen hinweg. Ganz im Sinne unseres Hausherrn wollen wir also mit unserem geplanten Sommerprojekt Kontakte knüpfen, pflegen und mit der jüngeren Generation in Austausch und Dialog treten.

Im dritten Blogbeitrag erfahren Sie mehr darüber, wie Liebermann zu seiner Zeit jüngere Kunstschaffende unterstützte.