Eine Runde von Herren und Damen sitzt in einem Ausstellungssaal
Jury für die Ausstellung der Berliner Secession, von links Fritz Klimsch, August Gaul, Walter Leistikow, Hans Baluschek, Paul Cassirer, Max Slevogt (sitzend), George Mosson (stehend), Carl Max Kruse (stehend), Max Liebermann (sitzend), Emil Rudolf Weiß (stehend), Lovis Corinth (stehend), 1908

Liebermann und die „junge Kunst“ – #4

04.7.2023 von Viktoria Krieger & Liora Furema

Hintergründe zur Ausstellung „Die Zukunft für sich“ mit Studierenden der UdK Berlin

Auf unserem Blog begleiten wir den kuratorischen Entstehungsprozess unserer kommenden Ausstellung „Die Zukunft für sich. Studierende der UdK Berlin in der Liebermann-Villa“ und geben Ihnen Antworten auf die Fragen: Wieso zeigt die Liebermann-Villa diesen Sommer zeitgenössische Kunst? Welche Netzwerke haben Liebermann selbst zu seinem künstlerischen Erfolg verholfen? Hat sich Max Liebermann für „junge Kunst“ interessiert? In vier Beiträgen spannen wir den Bogen von Max Liebermanns Anfängen bis heute, liefern Ihnen Hintergründe zu Liebermanns künstlerischem Austausch und den heute an der UdK Berlin studierenden Künstler*innen der Fakultät Bildende Kunst.

Im letzten Beitrag beleuchten Viktoria Krieger, wissenschaftliche Mitarbeiterin, und Liora Furema, Praktikantin, Liebermanns Netzwerke, die er zur Unterstützung jüngerer Kolleginnen und Kollegen zu nutzen wusste. Die beiden Kolleginnen geben außerdem einen Einblick in das Konzept der neuen Ausstellung in der Liebermann-Villa.

Von der „Vereinigung der XI“…

1892 gründete sich die Vereinigung der XI und machte mit einer ersten Ausstellung im Kunstsalon Eduard Schulte im April von sich reden. Die elf Mitglieder, darunter Walter Leistikow, Ludwig von Hoffmann, Hans Herrmann und Hugo Vogel hatten u.a. Liebermann für ihre Ideen gewinnen können. Sie setzten sich für freie Kunstausstellungen außerhalb des kaiserlichen Kunstbetriebs ein. Für ausscheidende Mitglieder rückten immer weitere nach, sodass sie an der Anzahl von elf Künstlern festhielten. Dora Hitz war zunächst die einzige Frau unter ihnen.

Eine Runde von Herren und Damen sitzt in einem Ausstellungssaal und betrachtet gemeinsam ein Gemälde, hinter ihnen hängen weitere Gemälde an der Wand

Unbekannt, Jurysitzung der Berliner Secession

… zur Berliner Secession als Plattform junger Künstlerinnen und Künstler

Sechs Jahre später folgte die Gründung der Berliner Secession, die neue Formen zeitgenössischer Kunst lancierte (Abb. 1). Als Gründungsmitglied und Präsident der Berliner Secession sorgte Max Liebermann von 1899 bis 1911 dafür, dass junge Künstlerinnen und Künstler ihre Werke ausstellen konnten, um sich zu etablieren und einen Namen zu machen. Für die Gründung der Berliner Secession setzen sich unter anderem vier Frauen ein, darunter Dora Hitz, Julie Wolfthorn, Ernestine Schultze-Naumburg und Sabine Lepsius (Abb. 2). 1901 folgte Käthe Kollwitz, später Maria Slavona, Charlotte Berend-Corinth, Clara Siewert und Hedwig Weiß. Mit ihnen stand Liebermann im Austausch, es ist jedoch nichts weiter bekannt wie er sie unterstützte. Insgesamt waren zwischen 1899 und 1913 über hundert deutsche und internationale Künstlerinnen, Malerinnen, Graphikerinnen und Bildhauerinnen an den Ausstellungen beteiligt.

Eine Künstlerin im Kleid mit Hochsteckfrisur steht vor einem lebensgroßen Gemälde eines tanzenden kleinen Mädchens, in der linken Hand hält die Malerin Pinsel und die Farbpalette

: Sabine Lepsius vor dem Bildnis ihrer Tochter Sabine, 1908, Privatbesitz

In den umfangreichen Secessionsausstellungen schmückten hunderte Gemälde und grafische Blätter die Wände und Skulpturen im Raum ergänzten die Schau. Neben den schon etablierten Künstlern der Zeit wurden dort auch Pissarro, Renoir, Segantini, Whistler, Kandinsky, Manet und Monet früh in Berlin gezeigt. Van Gogh, Cézanne und Munch wurden hier zum ersten Mal in Deutschland präsentiert.

Als Präsident der Akademie

Auch später als Akademieprofessor und Präsident der Akademie (Abb. 3) ebbte Liebermanns kollegiale Haltung nicht ab, zum einen durch Wahl der Ausstellungsthemen und zum anderen durch Beteiligung an Spendenaktionen für deutsche Kunst. Der Maler und Kunsthistoriker Arthur Galliner erinnerte sich beispielsweise 1936 an Liebermanns Taten:

„Der Jugend, der jüdischen Jugend insbesondere, hat immer seine Liebe gegolten, und er hat bis zuletzt so manchem jungen Menschen nicht nur mit Rat, sondern mit der Tat beigestanden.“

Die Fotografie zeigt Max Liebermann sitzend im dunklen Anzug mit einer Zigarre in der rechten Hand. Sein Körper ist nach links ausgerichtet, doch er dreht seinen Kopf noch etwas weiter und schaut direkt in die Kamera.

Grete Friedländer, Max Liebermann sitzend mit Zigarre, um 1930, © Max-Liebermann-Gesellschaft

Sommerausstellung der Kunststudierenden in der Liebermann-Villa

Und so spannen wir den Bogen in die Gegenwart zu unserer UdK-Sommerausstellung und schließen die Beitragsreihe ganz im Sinne unseres Hausherrn: „Wer die Jugend für sich hat, hat die Zukunft für sich und auf die allein kömmts an.“

Zwei junge Kunststudierende sind von hinten zu sehen. Die eine steht hinter der anderen und fotografiert sie. Das Foto ist im Café der Liebermann-Villa aufgenommen, in den Ecken stehen große grüne Palmen und weiße Cafétische mit Stühlen.

Zwei Kunststudierende zu Besuch in der Liebermann-Villa, April 2023, Max-Liebermann-Gesellschaft

Unsere eingeladenen Studierenden der Klasse Streuli haben in der Zwischenzeit ihre im Februar 2023 eingereichten Ideen weiterentwickelt und besuchten uns mehrfach vor Ort, um die Präsentation ihrer Werke in der Villa abzustimmen (Abb. 4). Als Orientierung dienten ihnen ihre anfänglichen Gedanken aus dem Konzeptpapier:

„Zur Sommerfrische geht’s dieses Jahr hinaus zum Wannsee! Pack die Badehose ein […] Wir tauchen ein in die Geschichte von Max Liebermann: Suchen, sammeln und recherchieren uns durch sein künstlerisches Œuvre von Porträts, Genre-, Historien- und Landschaftsmalerei. Insbesondere lassen wir uns von den Malereien seines sorgsam angelegten Gartens inspirieren und flanieren einstweilen durch seine impressionistische Sicht von Farbe und Licht […] Der „kleine Kosmos“ wird uns in seiner Exklusivität den Realismus von heute vor Augen führen. Wie in einem Kaleidoskop richten wir den Blick auf diesen Sehnsuchtsort, in dem jeder von uns seine persönliche Perspektive spiegelt. Im Sinne Liebermanns beobachten wir mit größter Sensibilität, tasten uns sorgfältig an das Geschehen heran und machen sichtbar, was jeder sieht. „In Wannsee seien nur die Vordergründe schön“, behauptete einst Max Liebermann und wir inspizieren die Hintergründe. Gartennutzungskonzepte, Raumnutzung, Ortsbezug, Denkmalschutz […] Wir fanden uns in kontroversen Diskussionen wieder, die uns stets die Komplexität dieser Herausforderung vor Augen führte. […] Wir bedanken uns herzlich für die Einladung in die Liebermann-Villa und werden mit unserer Gruppenausstellung der Klasse Streuli würdige Gäste an diesem besonderen Ort sein.”

Es wird spannend, wir erwarten 23 künstlerische Arbeiten und wir freuen uns auf die Kooperation! Am 8. Juli geht’s los…