Zu einer Konferenz nach Oxford: Nach Upton House und Waddesdon Manor auf den Spuren jüdischer Bauherren und Kunstsammelnder
02.7.2024 von Viktoria Krieger
Beitrag von Viktoria Krieger über die Konferenz des Jewish Country Houses Projects im Juni 2024 in Oxford.
Es war eine große Freude im Rahmen der Konferenz Jewish Philanthropy: Solidarity, Antisemitism and Cultural Heritage (24.6-25.6.24) die Akteur*innen des Jewish Country Houses Projects der University Oxford (Prof. Abigail Green- Brasenose College Oxford, Jaclyn Granick- Cardiff University, Prof. Tom Stammers- University Durham) vor Ort kennenzulernen. Für die Konferenz kamen Partner, Museumsleute und Wissenschaftler*innen aus ganz Europa und den Vereinigten Staaten für zwei Tage zusammen, um über die vielen Facetten der jüdischen Philanthropie zu diskutieren.
Ein schöner Auftakt war dies für unser gemeinschaftliches Ausstellungsprojekt zu Helen Binets Architekturfotografien einzelner Landhäuser in Europa und in den Staaten (Ausstellung in Strawberry Hill: Sept.-Dez. 2024; in Waddesdon Manor: März-Juni 2025; in der Liebermann-Villa: Sept.-Jan. 2026 und in Brno: ab Jan. 2026). Der erste Tag begann im Amersi Room des Brasenose Colleges am Radcliffe Square in Oxford mit einer Session über National Paradigms of Philanthropy, die zweite Session war der Cultural Philanthropy and its Legacies gewidmet. Es folgt ein gemeinsames Mittagessen im Speisesaal des Colleges.
Den Nachmittag eröffnete Rebecca Abrams mit ihren Recherchen zur Museumssammlung des Ashmolean Museums. Im Rahmen ihres Publikationsprojektes „Hidden in Plain Sight: Uncovering the Ashmolean Museum’s concealed Jewish collection“ untersuchte sie die Schenkungen und Eingänge jüdischer Kunstsammler*innen in die Universitätssammlung. Im Anschluss diskutierten wir in einem Curatorial Workshop mit Kolleg*innen des Victoria & Albert Museums was es zu beachten gibt, wenn jüdische Geschichten in Ausstellungen vermittelt werden und welche Schwerpunkte hier gesetzt werden können. Der krönende Abschluss des ersten Konferenztages war eine Führung durch Upton House, den Landsitz von Lord and Lady Bearsted in der Nähe von Banbury, Warwickshire. Den Landsitz mit einer spektakulär angelegten Gartenterrasse ließen sie sich in den 1930er Jahren für ihre Bedürfnisse umbauen. In Upton House gab es viel zu entdecken! Die zahlreichen vor Ort tätigen Ehrenamtlichen zeigten uns die vielseitigen Schätze der Kunstsammlung darunter alte Meister und britische Künstler*innen wie auch Werke von Bosch, El Greco und Canaletto.
Der Dienstag begann früh morgens mit einer 1,5-stündigen Busfahrt nach Waddesdon Manor, einem herrschaftlichen Anwesen der Rothschild-Familie, bei Buckinghamshire. Baron Ferdinand von Rothschild ließ das Ensemble zwischen 1874 bis 1889 im Stil eines französischen Renaissanceschlosses erbauen und richtete seine Kunstsammlung darin ein, die er nach und nach erweiterte. Nach seinem Tod ging das Anwesen in Familienbesitz über und heute wird es vom National Trust verwaltet, der es für die Nachwelt erhält und der Öffentlichkeit zugänglich macht.
Im The Powerhouse, in dem damals die Batterien für das früh mit Elektrizität ausgestattete Schloss geladen wurden, begannen wir unseren zweiten Konferenztag und vertieften uns weiter in eine Session zu Philanthropic Activism. Laura Leibman von der University of Princeton hielt eine Keynote zu Jewish Country Houses and the Fabric of Philanthropy. Danach erkundeten wir das Schloss mit seinen zahlreichen prunkvoll ausgestatteten Sälen und der hochkarätigen Kunstsammlung mit zahlreichen Porträts von Joshua Reynolds.
Zurück im Powerhouse folgte ein Workshop mit dem Titel Telling Stories about Jews: questions, inhibitions, perceptions, der die vorherrschenden Vorurteile zur Sprache brachte. Die letzte Session sollte das Diskutierte noch einmal in die tägliche Praxis übertragen. Tobias Brinkmann von der Pennsylvania State University zog sein Fazit. Damit endete das offizielle Konferenzprogramm und viele verabschiedeten sich. Ein Teil der Eingeladenen blieb, um für ein erstes Netzwerktreffen zusammenzufinden. Die Gründung eines European Network for Jewish Country Houses & Heritage steht bevor und hierfür sollten die eigenen Prioritäten formuliert werden, für welche Aktivitäten sich dieser Verbund eignen würde und welche nächsten Möglichkeiten bestünden im Rahmen dessen weiter miteinander zu kollaborieren. Jetzt freuen wir uns auf unser gemeinsames Ausstellungsprojekt zu Helen Binet (im Herbst 2026) und die begleitende Publikation, die im November 2024 erscheinen wird.