
Zur Ausstellung IM FOKUS. Gesammelte Geschichten. Liebermanns Werke und ihre Wege
25.4.2025 von Sophia Peix
In die Geschichten hinter den Werken eintauchen
Seit Dezember 2024 ist Sophia Peix als wissenschaftliche Volontärin in der Liebermann-Villa tätig. Sie hatte die Möglichkeit, an der Vorbereitung der Ausstellung mitzuwirken und den Aufbau direkt zu begleiten. Im Folgenden gibt sie Einblicke in die für sie zentralen Themen der Ausstellung und schildert ihre persönlichen Eindrücke.
Die Ausstellung „IM FOKUS. Gesammelte Geschichten. Liebermanns Werke und ihre Wege“ stellt besondere Leihgaben und Schenkungen in den Mittelpunkt– darunter Gemälde, Pastelle, Druckgrafiken, Zeichnungen und Briefkorrespondenzen des Künstlers Max Liebermann. Im Zentrum stehen jedoch nicht nur die Objekte selbst, sondern auch die Geschichten, die sie erzählen. Wer hat sie ursprünglich besessen? Wie kamen sie in die heutige Sammlung der Liebermann-Villa?
Mit dem Beginn meines Volontariats in der Liebermann-Villa hatte ich die wunderbare Gelegenheit, aktiv an meiner ersten Ausstellung mitzuwirken. Die bewegenden Geschichten der Leihgeber*innen eröffneten mir dabei einen völlig neuen Blick auf die Sammlung des Hauses.

Max Liebermann, Blumenstauden am Gärtnerhaus, 1928, aus dem Nachlass Gretchen Whitman, © Max-Liebermann-Gesellschaft
Der Fokus auf die Unterstützer*innen des Museums ist besonders relevant, da die Liebermann-Villa als Institution ohne staatliche Grundförderung auf großzügige Leihgaben aus öffentlichen und privaten Sammlungen angewiesen ist. So ist es sehr erfreulich, dass ihr immer wieder Werke von Max Liebermann als Leihgaben oder Schenkungen angeboten werden. Dazu zählen Porträts – seiner Familie und seiner Zeitgenossen, Grafiken aus seiner Zeit in Holland sowie Gartenbilder vom Wannsee und der Umgebung. Besonders erwähnenswert sind die präsentierten Pastelle und Zeichnungen, die im Rahmen der Ausstellung zum ersten Mal gezeigt werden.
In dieser Ausgabe unserer Ausstellungsreihe „IM FOKUS“ stellen wir Familiengeschichten der Leihgeber*innen und deren Verbindung zu Max Liebermann vor. Umgeben von Porträts von Liebermanns Zeitgenossen, dem Feldmarschall Bülow und dem Kunstsammler Adolf Sultan sowie des Malers Cousine Antonie präsentiert sich beispielsweise das Porträt von Dr. Otto Frentzel.

Max Liebermann, Bildnis Dr. Otto Frentzel, 1911, Öl auf Leinwand, Familien-Schultz-Frentzel-Stiftung, Dauerleihgabe, © Foto: Julia Jungfer
Das Bildnis blieb seit seinem Entstehen im Besitz der Familie Frentzel. Die in Kronberg im Taunus ansässige Familien-Schultz-Frentzel-Stiftung entschied sich das Bildnis der Liebermann-Villa 2012 als Leihgabe zur Verfügung zu stellen. Max Liebermann malte den Arzt und Industriellen Otto Frentzel fast 110 Jahre zuvor, im Jahr 1911. Briefe, die der Max-Liebermann-Gesellschaft geschenkt worden waren, dokumentieren nicht nur die Entstehung des Werkes, sondern zeigen auch des Künstlers genaue Vorstellungen zur Hängung des Werkes. So ließ er es sich nicht nehmen, Frentzel nach der Entstehung des Porträts folgende Worte mit auf den Weg zu geben:
„[…] das Bild muß so aufgehängt werden, daß das Licht von links fällt, links vom Beschauer (wie Sie richtig annehmen, damit aufs Bild das Licht auch von rechts einfällt wie es gemalt ist [)]. Der Horizont in Mannshöhe etwas. […]“ (Max Liebermann an Otto Frentzel, 23. Dezember 1911)
Und ganz im Sinne des Schöpfers wurde das Werk rechts von der Fensterfront in der Ausstellung platziert.

Brief von Max Liebermann an Otto Frentzel, 23. Dezember 1911, © Max-Liebermann-Gesellschaft Berlin
Seit Oktober 2024 bereichert ein weiteres Wannsee-Pastell die Sammlung der Liebermann-Villa – ein Geschenk des Künstlers an den Textilkaufmann Siegbert Marzynski. Links unten ist eine Widmung zu entschlüsseln. An Liebermanns Geburtstag, dem 20. Juli 1924, bedankte sich der Künstler mit den folgenden Worten bei Marzynski:
„[…] besten Dank für das wundervolle Stilleben, das Ihre Gratulation […] begleitete. Daβ Sie aber auch noch an die Pastellstifte gedacht haben, als Sie in Paris waren, ist in der Tat rühren. […] Vielleicht gelingt mir eine Handarbeit mit den neuen Pastellfarben und die will ich Ihnen dedicieren […] müssen Sie herauskommen und sich was aussuchen.“ (Max Liebermann an Siegbert Marzynski, 20. Juli 1924)

Max Liebermann, Boote am Wannsee, um 1924, Pastell, Privatsammlung, Dauerleihgabe, © Max-Liebermann-Gesellschaft Berlin, Foto: Thomas Lingens
Siegbert Marzynski war in das Exportgeschäft seines Vaters eingestiegen und hatte über seine Kontakte in Frankreich mehrere Werke französischer Künstler*innen erworben und brachte für Liebermann Pastell-Kreide aus Paris mit. Im Jahr 1941 mussten die Marzynskis in die Vereinigten Staaten fliehen und konnten das Pastell mit nach Amerika nehmen. Später fand es über den Kunstmarkt wieder den Weg zurück nach Deutschland.
An dieser Stelle lassen sich noch so viele weitere Geschichten erzählen und neue Fragen rund um die Werke und ihre Leihgeber*innen stellen sich. Die vielfältigen Wege der Werke zeigen im Besonderen auf, wie lohnenswert es ist, Liebermanns Schaffen heute nicht isoliert zu betrachten, sondern im Zusammenhang mit persönlichen, gesellschaftlichen und historischen Kontexten. Viel Vergnügen bei der Ausstellung, sie läuft noch bis 8. Mai 2025.
Am 30. April 2025 findet die erste Ausstellungsführung von Sophia Peix statt.